Tag 2 – Praxistag
Die Ausrüstung
Im Grunde genommen, kann man sowohl mit Halfter, Kappzaum oder Trense arbeiten. Manche Lektionen sind leichter mit der Trense zu erarbeiten, da man so den Kopf des Pferdes besserstellen kann. Für heute sollte das Halfter oder der Kappzaum reichen, aber es ist natürlich euch überlassen, was ihr bevorzugt.
Eine handelsübliche Gerte ist ebenfalls immer von Vorteil (später dann auch eine längere Touchiergerte) und für manche Pferde ist es leichter das Kompliment zum Beispiel mit Beinlonge zu erlernen. Allerdings sei hier gesagt: immer behutsam und am besten mit jemanden, der sich auskennt.
Belohnung! Ich bin fest davon überzeugt, dass mit Futterlob einfach das Meiste zu erreichen ist. Aber keine Angst, wenn ihr alles richtig macht wird euer Pferd nicht zu einem Bettler erster Klasse. Beim Futterlob ist es vor allem wichtig, dass euer Pferd im Vorfeld lernt, dass die Belohnung immer nur dann kommt, wenn es Erstens: die Übung gemacht hat, die wir erfragt haben und Zweitens: wenn es höflich geblieben ist. Soll heißen, Pferde die betteln und mit ihrem Kopf in der Futtertasche hängen, uns bedrängeln und auf ihr Lob drängen, werden höflich korrigiert – mit einem Nein und einen Schritt von uns weg. Ganz einfach, Belohnung folgt nur dann, wenn Pferd das gemacht hat, was wir wollten und wenn es nicht danach bettelt. Das erfordert unheimlich viel Disziplin und Durchhaltevermögen aber es zahlt sich aus Leute.
Ich werde später noch einmal genauer auf das Futterlob eingehen.
Die Vor“arbeit“
Bevor wir nun starten, solltet ihr eure Pferde immer ordentlich aufwärmen. Denn mit kalten Muskeln lässt es sich schwer arbeiten und ist sogar schädlich. Also nicht nur vor dem Reiten gilt richtiges und gewissenhaftes Aufwärmen als unerlässlich; auch hier.
Das Pferd sollte auch halfterführig sein; also richtig mein ich. Gehen und Stehen wann es soll, Rückwärts richten und idealerweise sollte man es auch einparken können - also zum Beispiel wenn es schief zur Band steht, die Hinterhand zur Bande bewegen können. Glaubt mir, das macht alles, wirklich alles im Reiterleben um einiges einfacher.
Achja, wichtig wäre noch zu erwähnen, dass es keine richtige oder falsche Reihenfolge der folgenden Zirzensikübungen gibt. Manche Pferde tun sich mit manchen Übungen leichter andere schwerer. Deswegen ist es auch sehr wichtig, dass ihr eurem Pferd zuhört und auf die jeweilige Lerngeschwindigkeit eingeht. Beobachtet euer Pferd; was bietet es euch an, wo tut es sich schwer, welche Übung scheint ihm Spaß zu machen und behaltet immer im Hinterkopf: Lernen ist keine gerade Kurve die stetig nach oben führt. Es ist eine wellenartige Entwicklung und ihr werdet immer wieder einen, zwei oder sogar drei Schritte zurückgehen müssen. Manchmal versteht euer Partner etwas sofort, manchmal wird es keine Ahnung haben, was ihr wollt. Versucht einen anderen Ansatz zu finden und schiebt es nicht auf euer „dummes Pferd“. Ich kann euch versichern, es ist in 99% immer der Mensch, der etwas unverständlich erklärt oder etwas falsch macht.
Also dann lasst uns mal beginnen. Freiwillige vor….
Das Futterlob
Wenn jetzt wer denkt, mit Futterlob verzieht man sich sein Pferd und es soll die Übungen doch aus reiner Freude machen. Eine Frage: Ihr arbeitet hart und verdient das Minimum in eurem Job. Eurer Chef lobt euch jeden Tag wie ausgesprochen gut ihr euren Job macht und das eure Kollegen nur die Hälfte von euch leisten. Euer Gehalt wird allerdings nicht erhöht, ihr bekommt dasselbe wie eure Kollegen, obwohl die ja nur die Hälfte von euch arbeiten, verdienen aber dasselbe. Wie lang werdet ihr motiviert bleiben euren Job genauso gut weiterzumachen, wenn doch anscheinend die Hälfte davon ausreicht?
Manieren „zu Tisch“ sind auch für ein Pferd erlernbar. Wie schon gesagt, ein steiniger Weg dorthin und vor allem für den Menschen heißt das Disziplin und Durchhaltevermögen!
Vorteile der Arbeit mit Futterlob
Futter ist ein primäres und positives Lob – Jeder Mensch und jedes Tier handelt aus 2 Motivationen heraus: Schlechtes vermeiden oder Belohnungen erhaschen. Futterlob ist ein primäres Lob, Streicheln oder Stimmlob zählen zum sekundären Lob.
Hier wären wir wieder beim Job: Lob vom Chef = sekundäres Lob. Gehaltserhöhung = primäres Lob.
Futter wirkt entspannend – Ein Pferd das frisst, hat keinen Grund zu flüchten. Beim Fressen wird das Nervensystem stimuliert das für die Verdauung, Ruhe und Entspannung zuständig ist. Diesen Teil der Nerven zu stimulieren bringt mir also klar Vorteile bei der Arbeit mit dem Pferd. Abgesehen davon was kann schon so schlimm sein, dass es Futter nicht weniger schrecklich macht? Und nebenbei kann das Pferd das furchtbare Monster gleichzeitig mit etwas Positivem verbinden.
Mit Futter kann man locken – Ein äußerst praktischer Effekt, den wohl jeder kennt. Mit Futter kann ich mein Pferd in verschiedene Haltungen locken und sogar einige Sekunden dort halten. Und belohnt wird es auch gleich.
Grundbedürfnis stillen – Pferde fressen eine Menge und mit dem Futterlob kann ich meinem Pferd vermitteln, dass es bei mir immer etwas zu Fressen geben wird. Ich gebe ihm Sicherheit, ähnlich wie die Leitstute, die die Herde zu den besten Futterplätzen führt.
Man kann sich in der Herde behaupten – wenn man es richtig macht, sei dazu gesagt. Ich lasse mir mein Futter nicht stehlen oder aus der Jackentasche raus betteln. Somit behaupte ich meine Position in der Herde als ranghöheres Mitglied.
Die Futterregeln
Kein Futter, wenn das Pferd bettelt! Dem Pferd muss man klarmachen, dass die Nase nichts beim Menschen zu suchen hat.
Kein Futter, wenn das Pferd nach der Futterhand schnappt! Wichtig dabei zu erwähnen ist, zieht nicht eure Hand zurück, wenn das Pferd danach schnappt. Das Pferd hat zu weichen, denn als rangniedrigeres Mitglied hat es nichts in eurem persönlichen Bereich zu suchen.
Das Futter wird im persönlichen Körperbereich des Pferdes gefüttert; nicht in Ihrem! Ihr und euer Pferd und auch jeder anderer hat einen persönlichen Bereich um sich herum; etwa wie eine Luftblase mit 50cm in etwa.
Nach dem Füttern, Abstand halten! – Sollte euer Pferd, nachdem es eine Belohnung bekommen hat, nach einer weiteren betteln, schickt es von euch weg. Ganz wichtig: Nicht ihr macht einen Schritt zur Seite, sondern das Pferd hat zu weichen.
Die Verbeugung | Das Plié
Zwei Namen, ein und dieselbe Übung. Es ist eine Vorstufe zum Kompliment und verlangt viel Dehnung vom Pferderücken. Der Kopf wird zwischen die Beine genommen und das Pferd dehnt/schiebt sich nach hinten, so dass auch die Vorderbeine gedehnt werden.
Da das Gewicht des Pferdes auf die Hinterhand verlagert wird und wie schon gesagt der Rücken sich wölbt, ist dies eine ideale Universalübung fürs Pferd. Und auch die Bauchmuskeln werden angespannt.
Wir beginnen damit, dass unser Pferd die Vorderbeine möglichst weit auseinanderstellt, sodass später der Kopf auch durch passt. Von Vorteil wäre es natürlich wenn das Pferd schon auf (Gerten)Kommando das Bein heben kann. Wenn nicht, das geht ganz einfach. Und wir können auch mit dieser Übung anfangen. Bein mit der Gerte touchieren, ein Kommando dazu und sobald das Pferd den Huf hebt ein Lob und im Idealfall ein Keks. Dabei können wir auch gleich das Füttern üben.
Wer soweit ist: Wir stellen uns neben unser Pferd und schauen zum Pferdekopf. Das Bein wird touchiert und wenn das Pferd den Huf hebt, platzieren wir es sanft mit unserem Fuß weiter weg von dem anderen Pferdebein. Nur nicht verzweifeln, es dauert. Aber konsequent sein und zwischendurch Pause machen und ein paar Schritte gehen.
Zu Beginn wird das Pferd in einer möglichst gestreckten Position aufgestellt werden, d.h. Vorder- und Hinterhand sollen möglichst weit voneinander entfernt sein. Als nächstes gewöhnen wir das Pferd daran, das Leckerli kurz über dem Boden zu bekommen (noch nicht zwischen den Vorderbeinen!). Nimmt es das an, kann man zum nächsten Schritt übergehen: das Leckerli wird von hinten durch die Vorderbeine gereicht und das Pferd wird so nach und nach Richtung hinten (zwischen den Vorderbeinen durch) gelockt. Das Pferd tut sich leichter, wenn die Vorderbeine natürlich breit auseinander stehen, da es so bequem mit dem Kopf durchkommt.
Nach den ersten Erfolgen verbindet man die Lektion mit einem bestimmten Signal, körperlich und stimmlich, z.B. an der Gurtlage klopfen, Signalwort sagen (z.B. "Plie") und dann mit dem Leckerli das Pferd in die gewünschte Position locken.
Nach einigen erfolgreichen Übungstagen geht man dazu über, die Belohnung erst nach der Ausführung der Verbeugung zu geben. Mit der Zeit, bei zunehmender Geschicklichkeit und Balance des Pferdes, wird es sich immer tiefer und länger Verbeugen.
Und sobald wir unser Pferd hier sicher in die Verbeugung schicken können, gibt es noch eine „Zusatzaufgabe“: Wir touchieren die vorderen Pferdebeine, ein klein wenig weiter nach vorne bzw. die hinteren Beine nach hinten, sodass der Abstand zwischen Vorder- und Hinterbeinen größer ist.
Beginnen wir auch hier wieder mit kleinen und langsamen Schritten. Das Pferd soll langsam an die neue Aufgabe herangeführt werden und sich immer sicher fühlen. Achtet also darauf, dass Pferd immer schön im Gleichgewicht bleibt.
Stehen dann also die Beinchen weiter auseinander locken wir Pferd wieder nach unten und können uns so mehr und mehr eine tiefere Verbeugung erarbeiten.
Die Bergziege
Eine weitere Übung, die uns hilft, den Pferderücken aufzuwölben und gleichzeitig auch die Bauchmuskeln zu beanspruchen, ist die Bergziege. Diese Übung ist also eher anstrengend für unsere Pferde und deshalb sollten wir auch hier wieder mit vielen kleinen Schritten anfangen.
Am Ende soll das Pferd seine Hinterbeine so nah wie möglich – und es wird von Mal zu Mal besser gelingen – an die Vorderbeine setzten. Dann auch noch den Pferdekopf runter und wir erzielen den maximalen tiefen Spannungsbogen des Pferderückens. Und auch wieder eine Übung die das Gleichgewicht trainiert. Auch hier ist es wieder von Vorteil, wenn Pferd das Heben auf Touchieren schon kennt.
Wir beginnen damit, Pferd vor ein Cavaletti zu stellen, das als optische Abgrenzung dienen soll. Auch rechts und links von Pferd befinden sich Bodenstangen parallel zum Pferdekörper. Allerdings in einem größeren Abstand, sodass, sollte sich Pferd winden und wenden, nicht auf die Stangen steigt.
Ein Helfer steht vorne beim Pferd und hält es locker am Strick. Der Helfer korrigiert nur dann, wenn Pferd einen Schritt nach vorne geht bzw. über das Cavaletti steigen möchte. Dann werden wir wieder in die Ausgangssituation zurückkehren und danach mit Ruhe von vorne anfangen. Lassen wir unserem Partner immer genügend Zeit.
Wir beginnen also die Hinterbeine abwechselnd mit der Gerte zu touchieren und versuchen unser Pferd zu ermutigen das Bein auch nur einen halben Huf breit weiter unter den Schwerpunkt zu setzten. Diese Reaktion wird sofort belohnt und eine kurze Denkpause eingelegt.
So erarbeiten wir uns die Schritte Stück für Stück. Nur nicht stressen, diese Übung ist anstrengend für das Pferd und dauert dem entsprechend auch ein wenig länger. Abgesehen davon, reichen auch schon ein paar wenige Zentimeter aus, dass der Spannungsbogen im Rücken erzeugt wird und auch die Bauchmuskeln werden schon beansprucht.
Trainiert mit eurem Pferd eine Zeit lang einfach immer mit den – sagen wir 3-4 Zentimetern – und erst wenn euer Pferd sicher steht und die Position auch ein paar Sekunden halten kann, verringert ihr den Abstand zu den Vorderbeinen wieder ein Stück. Dazwischen kann man auch mal ohne die seitlichen Stangen oder dem Cavaletti vorne üben. Das bringt Abwechslung, Zeit bis zum nächsten Zentimeter-Schritt unter den Schwerpunkt und zeigt euch, ob euer Pferd auch ohne optische und physische Hilfen stehen bleibt.
Das Kompliment
Mit der Verbeugung und der Bergziege lässt sich später hervorragend das Kompliment entwickeln. Wie ein Kompliment ausschauen sollte, wird wohl jeder schon einmal gesehen haben. Ein Vorderbein wird angewinkelt und das Pferd senkt sich dann, wie beim Plié, ab. Das Röhrbein des angewinkelten Beines berührt dann den Boden und nimmt die Last auf. Allerdings ist Vorsicht geboten: Kompliment ist nicht gleich Kompliment! Denn wenn man ein Pferd gewaltvoll zu Boden zwingt oder es nach unten zieht ist das nicht nur für die Arbeit und die Sensibilität äußerst kontraproduktiv, sondern auch für die angestrebte Gymnastizierung. Der gewünschte Spannungsbogen geht verloren und das Pferd fällt ins Hohlkreuz und somit hat diese Übung schon gar keinen Zweck mehr.
Wir beginnen damit – am besten auf der guten Seite des Pferdes – das Vorderbein hoch zu heben, wie beim Hufe auskratzten. Nur stehen wir mit dem Gesicht zum Pferdekopf. Sobald das Pferd locker steht, während wir den Huf halten und entspannt ist beginnen wir den Kopf des Pferdes Richtung unten/hinten zu locken. Vorsicht: Das Pferd wird sein Gewicht auf den gehobenen Fuß legen und ihr als Mensch habt die Aufgabe das Pferd zu sichern. Pferd wird es schwerfallen, denn hier ist wieder das Gleichgewicht gefragt. Lange auf 3 Beinen stehen, gehört nicht von Anfang an zu den Stärken von Pferden. Deswegen ist es hier wichtig, dem Pferd das nötige Vertrauen zu geben und wieder langsam Schritt für Schritt vorzugehen. Wir üben immer in kurzen Sequenzen und steigern uns nur langsam.
Sollte das gut klappen, beginnen wir, während der Pferdekopf nach unten/hinten gelockt wird, den angehobenen Fuß auch ein Stück nach unten/hinten zu lassen. Die erste Reaktion von Pferd wird wohl Unwohlsein und zurück ziehen des Beines sein. Nicht verzagen; wieder einen Schritt zurück machen und dann von vorne anfangen.
Hier kann alternativ auch die Beinlonge zur Hilfe genommen werden. Schlaufe knapp über den Huf ordentlich anbringen; das Bein hinauf entlangführen und dann über den Rücken, knapp hinter dem Widerrist und knapp hinter der Gurtenlage wieder zurück auf unsere Seite führen. Wir heben den Fuß an und fassen die Beinlonge nach und fassen dann beide Longeteile (rot & blau; grün ist die Longe hinter dem Pferd vorbeigeführt). So fällt es manchen leichter, das Gewicht des Pferdes zu sichern. Wichtig ist, dass hier nicht gezogen oder gezurrt wird. Die Beinlonge ist nicht da, um das Pferdebein in diese Haltung unbedingt zu zwingen und das Pferd somit auf dem Boden runter zu zwingen.
Um das Rückwärts ausweichen zu vermeiden, kann man das Pferd mit dem Po mit ein paar Zentimetern Abstand aufstellen. Oder vielleicht auch in der Ecke, somit kann auch gegen das seitliche Ausweichen vorgebeugt werden.
Was auch zu ein wenig Abwechslung helfen kann, während man das Kompliment bzw. die Vorstufen dazu übt, ist das Abwechseln der Beine. Man muss nicht zuerst mit dem linken Fuß das Kmpliment beherrschen ehe man mit dem rechten anfangen kann. In manchen Fällen ist es sogar einfacher, wenn man beide Seite etwa gleichzeitig trainiert. Natürlich wird es auf der einen Seite besser gelingen. Nur nicht verzagen und vor allem auch nicht, dann auf der schlechteren Seite mehr wollen. Für uns Menschen, mag es vielleicht unlogisch erscheinen, dass es recht schneller geht als links, aber bedenkt: Auch wir Menschen sind entweder Links- oder Rechtshänder.
QUELLEN:
http://www.wege-zum-pferd.de/2008/03/27/mit-futter-loben/
http://www.barnboox.de/wissensdatenbank/...e-bergziege-und